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Die Entstehung

Gegründet wurde die Eisenbahner-Baugenossenschaft St.Gallen am 17.3.1909. Um die Jahrhundertwende gab es in der Stadt St.Gallen grosse soziale Gegensätze. Einigen wenigen brachte die Textil- und Stickereiblüte grossen Wohlstand, die Arbeiterfamilien dagegen hausten in engen, dunklen Wohnungen unter unwürdigen Umständen. Für die meisten SBB-Angestellten mit niedrigem Lohn war es nicht mehr möglich, eine Wohnung zu einem tragbaren Mietzins zu finden, erreichte dieser doch vielfach 1/3 des Lohnens. Adolf Messmer, "Gehilfe" beim Betriebschef des damaligen Bahnkreises IV der SBB in St.Gallen trat als erster auf den Plan, mit der Idee eine Siedlung zu erstellen. Für die Gründungsversammlung konnte er 300 Personen mobilisieren. 142 Mitarbeiter von SBB, Post, Zoll, Tram und Polizei haben den Beitritt zur neugegründeten Genossenschaft erklärt, obwohl dafür ein Anteilschein von Fr. 300.-- !! zu zeichnen war, ohne Gewissheit, dass je etwas realisiert werden kann. Die Genossenschaftsleitung bestand aus 9 Mitgliedern, deren Arbeit von einem neunköpfigen Aufsichtsrat überwacht wurde. Erster Genossenschaftspräsident war Johann Pfister. Adolf Messmer war es denn auch, der gleichzeitig die Eisenbahner anderer Bahnknotenpunkte zu gleichem Vorgehen animierte und diese Aktivitäten gesamtschweizerisch koordinierte. Bis 1926 entstanden so 19 weitere, ähnliche Eisenbahner-Siedlungen bzw. Genossenschaften.

Mit bewundernswertem Mut erwarb die Genossenschaft im Gebiet "Schoren", am Westhang des Rosenbergs, für Fr. 150'000.-- das Rohner'sche Gut mit einer Fläche von 84'000 m2 (Fr. 1.80/m2). Architekt Paul Gerber, Ulm/D, mit Erfahrung im Kleinwohnungs- und Einfamilienhausbau erstellte ein Projekt für eine Siedlung mit Mehrfamilienhäusern, Einzel- und Reihenhäusern (sog. Cottage-Stil nach der Idee von Ebenezer Howard). Um es zu verwirklichen mussten zahlreiche Hürden baurechtlicher Art überwunden werden. Juristische Hilfe wurde bei Dr. Hofmann, dem späteren Bundesrat eingeholt und sogar die Kantonsregierung schaltete sich ein und delegierte dafür Regierungsrat Riegg. Endlich im Dezember 1910 erteilte dann die Baukommission der damaligen Gemeinde Straubenzell (gehört heute zur Stadt St.Gallen) die Baubewilligung, so dass die Bauarbeiten für die ersten 104 Wohnungen am 13.März 1911 aufgenommen werden konnten. Weil kein einheimischer Baumeister das Risiko mit der anscheinend nicht sehr kreditwürdig erscheinenden Genossenschaft eingehen wollte, ging der Auftrag für eine erste Etappe (60 Einfamilien- und 5 Mehrfamilienhäuser; fertig 1.7.1912) an die Firma Renfer, Graber und Co. in Solothurn. Dies änderte sich dann bei der folgenden Etappe (60 Einfamilien- und 9 Mehrfamilienhäuser; fertig 1.11.1914), als die hiesigen Baugeschäfte die Seriosität der Genossenschaft erkannten. Die Mitgliederzahl erhöhte sich unterdessen auf 223. In den Anfängen führte die Genossenschaft im sog. "alten Geschäftshaus" an der Schorenstr. 41 - 47 eine Bäckerei, eine Metzgerei, einen Mercerieladen (Kurzwaren) und eine Kaffeestube. Bäckerei und Kaffeestube wurden später zugunsten eines Konsums aufgehoben und die Räumlichkeiten der Mercerie (Schorenstr. 47) wurden ab 1921 als Kindergarten genutzt, zuerst durch den 1916 gegründeten Kindergartenverein, seit 1.1.1927 durch die Stadt. Bereits 1915 nahm der "Hülfsverein" im Versammlungslokal des alten Geschäftshauses einen provisorischen Kindergarten mit 40 Kindern in Betrieb.

Mit der Erstellung der fünf Mehrfamilienhäuser an der Schorenstrasse 26 – 52 (1963 - 1965), wurden der Verkaufsladen (Konsumverein) in einen Neubau an die Schorenstrasse 42 und die Metzgerei ins angrenzende Mehrfamilienhaus Schorenstrasse 38 verlegt. Die freigewordenen Räume wurden zu Wohnungen umgebaut. Wegen ungenügendem Umsatz schliesst die Metzgerei 1988. Der Verkaufsladen wird zuerst als Konsum, ab 1972 als MAXI und ab 1989 als SPAR geführt. Ende 2005 schloss der Verkausladen. 2006 konnte die Bäckerei Schwyter gewonnen werden, die in den Räumen des früheren SPAR ein Bäcker-Bistro einrichtete, wo seither vieles für den täglichen Bedarf eingekauft aber auch im Restaurantbetrieb eingekehrt werden kann.


Der Jübiläumsbericht "100 Jahre Eisenbahner-Baugenossenschaft St.Gallen", 2009, kann für Fr. 10.- bei der Geschäftsstelle bezogen werden.

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